Erst am nächsten Tag fing sie an, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Zuerst beachtete sie nur Ozelot, dann mit der Zeit auch Tukan und schließlich sogar Affe und Nilpferd.
An den Tagen darauf hatte sie offenbar ein recht zerstörerisches Ziel: Leopards Briefkasten. In den Pausen fummelte sie an ihm herum, aber Leopard bekam nichts davon mit. Deshalb wollten Tukan, Affe und Nilpferd ihn warnen und es ihm sagen. Ozelot beschloss, bei Leopards Briefkasten zu bleiben und ihn zu bewachen. Die anderen 3 waren sehr einverstanden, denn sie wussten sehr genau, dass er die schärfsten Augen und besten Ohren hatten und Rostkatze am besten beobachten konnten. Also tapsten sie los und fanden Leopard bald darauf mit seinen Fans unter einer Palme vor. Sofort erzählten Affe und Tukan drauflos und Leopard konnte weder noch verstehen, weil sie beide wirr durcheinander plapperten. Deshalb erklärte es ihm am Ende Nilpferd in langsam ausgesprochenen, verständlichen Wörtern und er begriff. Er war allerdings nicht schockiert und sagte nur, sie sollten sie ruhig machen lassen, denn an den Briefen läge ihm sowieso nicht sehr viel. Tukan, Affe und Nilpferd waren sofort sehr beruhigt und gingen wieder zu Ozelot. Dieser lief zu einem dichten Dickicht und sie folgten ihm. Dort erzählte er: "Ich hab gesehen, dass Rostkatze es geschafft hat, seinen Briefkasten zu öffnen. Sie hat ihn zerkratzt, was bei ihren scharfen Krallen ein leichtes war, denn er war ja aus Rinde, Gras und Moos. Dann hat sie alle Briefe gelesen, offenbar auf der Suche nach einem bestimmten. Schließlich hat sie ihn gefunden. Es war der Liebesbrief, den sie ihm früher geschrieben hat. Wisst ihr noch? Also. Es ging so weiter, dass sie erst einmal ganz viel rumgefaucht hat und nicht wusste, was sie tun sollte. Dann hat sie, das hab ich gesehen, ihren ganzen Mut und Willen dafür gebraucht, den Brief in ganz viele Stücke zu zerreißen. Die hat sie dann vernichtet. Und wisst ihr, wie? Sie hat sie einfach gefressen. Ungesund. Hätte ich an ihrer Stelle nicht einfach so gemacht. Dann..."
"Okay, okay, das reicht", sagte Tukan und breitete die Flügel aus. "Hm. Was meint ihr? Hat Leopard ihr irgendwas getan? Haben sie vielleicht gestritten? Nein, das kann nicht sein. Ich hab die beiden auf der Verabredung ganz genau beobachtet. Wenn überhaupt hat Jaguar was gemacht. Er wollte doch Zwergameisenbär fressen, und genau ab dem Moment war Rostkatze so verstört. Leopard hatte damit eigentlich nichts zu tun. Er hat auf der ganzen Verabredung nicht einmal etwas zu ihr gesagt. Das kann nicht wirklich an ihm liegen." Er schaute zu Ozelot, der plötzlich geistesabwesend wirkte. Plötzlich hatte Tukan das Gefühl, dass er ihnen etwas verschwieg. Aber er traute sich nicht, nachzufragen, denn Ozelot war jetzt schon richtig befreundet mit ihm. Ach, warum hatte er ihn nur unterbrochen, nachden er "Dann..." gesagt hatte! Er hätte ihn ausreden lassen sollen, denn dann wäre womöglich alles herausgekommen. Aber es war zu spät und Ozelot würde es ihnen jetzt nicht mehr sagen. Jetzt hatten sie noch ein Geheimnis zu lösen. Zumindest glaubte Tukan nicht, dass es etwas schreckliches war. Das traute er Ozelot wirklich nicht zu.
Plötzlich erhob sich Ozelot und kletterte auf einen Baum. Tukan nutzte seine Abwesenheit, um Nilpferd und Affe seine Gedanken zu offenbaren. Diese fanden Ozelot sofort höchst merkwürdig und sahen natürlich zuerst misstrauisch zu ihm herauf, was nun wirklich extrem wenig brachte.
Als Ozelot schließlich wieder herunter kam, taten die 3 so, als wüssten sie von nichts und würden nicht einmal im Traum daran denken, Verdacht zu schöpfen.
"Wollen wir es so machen, dass du nächste Pause Rostkatze ansprichst, während wir Leopard ausfragen, ob er etwas weiß, Ozelot?", fragte Tukan deshalb scheinheilig.
Ozelot stimmte von ganzen Herzen zu.
Wenn er so begeistert ist, dann erzählt er nächste Pause bestimmt sein Geheimnis!, dachte Tukan froh.
Die Pause war vorbei.
Der Nahrungsunterricht mit Frau Wasserschwein (für die Allesfresser), mit Frau Aguti (für die Pflanzenfresser) und mit Herr Kaiman (für die Raubtiere) war nur für Rostkatze und Anakonda interessant.
Beim Mittagessen kam nicht viel heraus.
Der Heimweg war langweilig.
Auf die übliche Besprechung verzichteten Tukan, Affe, Ozelot und Nilpferd, weil sie wussten, dass sie diesmal nicht sehr nützlich sein würde. Außerdem schliefen sie alle sehr schnell ein.
Als am nächsten Morgen die Sonne früh ihr Bett verließ, immer höher stieg und eine rote Farbe annahm, wachten alle gleichzeitig auf. Dann machten sie sich auf den Weg. Sie waren nicht sonderlich guter Dinge, denn der Tag würde sofort mit Rechtschreibung-Grammatik-Zeichensetzung-Unterricht von Frau Harpye und Frau Nasenbär anfangen. Die beiden waren streng und es machte nie Spaß, wenn sie dabei waren. Alle mochten Frau Wasserschwein, Herr Kaiman, Frau Aguti und Herr Gürteltier viel lieber.
In der Pause (auf die alle sehnsüchtig gewartet hatten), führten Tukan, Affe, Ozelot und Nilpferd ihren Plan durch.
Nachdem er Rostkatze gesichtet hatte, verschwand Ozelot in ihre Richtung. Noch einmal merkte Tukan, dass er ihnen etwas verheimlichte.
Tukan, Affe und Nilpferd sahen ihm noch kurz nach, dann gingen auch sie ihres Weges und begaben sich zu Leopard, um ihn auszufragen.
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